Additional comment
Weiß 2016: Zu den Namen der Unterseite: Das Gentilnomen des ersten Epimeleten liegt teilweise in einer Korrosionszone; es ist aber doch sicher zu erkennen. Es lautet Κορεάτιος. Das ist eine Variante des alten Gentilnamens Curiatius. Das Praenomen davor ist nicht mehr deutlich zu sehen; am ehesten war es ein schmales Alpha. Beim anfangs beschädigten Cognomen kommen nur zwei Namen in Frage, Splendidus oder Candidus. Der häufigere und kürzere Name Candidus scheint insgesamt besser zu passen, ist aber nicht sicher. Beim dritten Epimeleten steht das Praenomen in der Randzone. Man liest ein Gamma (am Original gut zu erkennen), aber ein ursprüngliches T mit sehr kurzen Querhasten ist nicht auszuschließen.
Weiß 2016: Bekanntlich konnten die Amtsfunktionen in Städten, wie der Archontat, die Demiurgie, die Gymnasiarchie oder Priesterschaften, ehrenhalber und zur Erleichterung der finanziellen Belastungen auch von auswärtigen Euergeten übernommen werden, in besonderen Fällen sogar vom Kaiser. Man kennt daneben auch Fälle, in denen städtische Heiligtümer zur Finanzierung von Engpässen herangezogen wurden. In Byzantion ist diese Praxis durch wiederholte Nennungen von Gottheiten als Referenzpersonen in Münzlegenden von Traian bis Macrinus besonders gut bekannt: ἐπὶ Νείκης τὸ δ´, ἐπὶ Δήμητρος τὸ β´, ἐπὶ Τύχης πόλεως, ἐπὶ Διονύσου τὸ ς´, ἐπὶ θεᾶς Φαυστίνης, ἐπὶ Νείκης τὸ ζ´. Wahrgenommen wurden die konkreten Funktionen vor Ort im griechischsprachigen Bereich durch Epimeleten. Eine Polis als Agoronomos ist, soweit ich sehe, eine große Neuigkeit. Es setzt wohl voraus, dass sich damals niemand bereit erklärte, dieses Amt mit seinen Kosten zu übernehmen, so dass diese aus dem städtischen Haushalt beglichen werden mussten – oder aber, wenn es einen Kult der Polis als Stadtgöttin gab, aus deren Besitz (ähnlich wie im Fall von Byzantion). Wie üblich übernahmen Epimeleten, in diesem Fall ein Dreier-Kollegium, die konkreten Aufgaben, hier die Herstellung von neuen Gewichten. Auf der Unterseite der tabula ansata stand entweder das Nominal oder wahrscheinlicher der Name der Stadt.
Weiß 2016: In welchem Großraum die Stadt zu suchen ist, könnte sich aus einem Bestandteil der Hauptseite ergeben – der Reihe von dicken Punkten, die das Schriftfeld innerhalb des gewölbten Randes umrahmen. Solche formalen Eigenarten pflegten regionalen Traditionen zu entsprechen. Es ließen sich tatsächlich einige Fälle mit ganz ähnlichen dicken Punktreihen als Rahmen finden: ein auch in der Form entsprechendes Ogdoon König Agrippas II., ein Tetarton aus Hebron und mehrere Litren römischen Standards von spaten förmiger Gestalt, als deren Fundort Adana in Kilikien angegeben ist. Da es nach meiner Erinnerung auch eines der großen Gewichte von Antiocheia oder Seleukeia seleukidischer Zeit mit diesem Rahmenfries gibt, wird hier ein seleukidisches Erbe vorliegen. Andererseits trägt keiner der drei Epimeleten einen griechischen Namen. Der ganz ungewöhnliche Gentilname Coreatius dürfte sogar für einen Italiker oder den Freigelassenen eines Italikers als Vorfahr sprechen. Wie sich das in dem vorgezeichneten Raum erklärt, ist nicht einfach zu sagen. Denn um eine Colonia wie Berytus in Syria oder Caesarea in Iudaea kann es sich ja kaum handeln, auch wenn in letzterer Gewichte mit knappen griechischen Nominalangaben zirkulierten und eines davon ein Agoranomenpaar mit römischen Namen nennt. In Askalon sind die städtischen Gewichte übrigens mit dem einfachen Wort ΠΟΛΕΩC oder ΠΟΛΕΟC signiert, teils mit dem Bild der Stadtgöttin. Aber das wird nur die städtische Garantie bezeichnen und nicht heißen, dass die Stadt durchgehend selbst als Agoronomos handelte.
Weiß 2016: Gewicht einer unbekannten, wohl im Osten (Kilikien oder Levante) liegenden Stadt.